HERBST 1994 S. 18 |
3. Kapitel : Die Krise oder die lange Agonie des Taylorismus | |
Die Zusammenhänge der Krise |
Nach : Die Berufung von St. Matthäus von Caravage
Zeichnung von Daniel Guillaumin |
Die einfache Tatsache, dass der Mensch gemäß Arbeitsmethoden, die vom Taylorismus abstammen, ausgebildet und geformt wird, „disqualifiziert” ihn im Rahmen der Arbeitsorganisationen, die der Gebrauch der neuen Technologien erzeugt. Der disqualifizierte Mensch hat im Rahmen des neuen Produktionssystems, das von Umstrukturierung zu Umstrukturierung an seine Stelle tritt, nicht mehr seinen Platz. Er ist ausgegrenzt.
In einer Sondernummer vom Frühjahr 1991 trug Le Nouvel Observateur den Titel „DIE FRANZÖSISCHE KRANKHEIT” . Wenn man den darin schreibenden Autoren Glauben schenkt, wäre das folgende Urteil offensichtlich : Die Französische Krankheit ist die Anpassungsunfähigkeit. Institutionen, Unternehmen, Universitäten, Gewerkschaften, die Gesellschaft im Allgemeinen können sich nicht an die neue Welt anpassen. Dies ist auch unsere Ansicht, mit dem Unterschied, dass wir in dieser Anpassungsunfähigkeit keine spezifisch französische Krankheit sehen, sondern eine Krankheit, die alle fortgeschrittenen Industriegesellschaften betrifft. Es ist der Rückstand der Denkweisen, der das Schlimmste ernährt, sozusagen ein Untertauchen in der Unbeweglichkeit, eine hartnäckige Überzeugung, dass sich alles noch wieder einrenken kann. Denkweisen, die vollständig von der Ideologie der zweiten Industrieperiode durchtränkt sind, wollen sich starrköpfig an Problemen messen, die nur noch in der Erinnerung existieren, ein Überbleibsel eines goldenen Zeitalters (das Wirtschaftswunder), dessen Konsistenz die gleiche ist wie seinerzeit die „goldenen Zwanziger Jahre”. Soziale und kulturelle Forderungen einer neuen Art steigen überall auf, und man weiß nicht recht, wie man darauf antworten kann.
Das Problem der Ausbildung, das für das ganze Produktionssystem entscheidend ist, wird dadurch zum Grundproblem. Es betrifft nicht nur das Feld des Kenntniserwerbs, sondern verlangt vor Allem, ein politisches Projekt zu ersinnen, das die Schaffung von Ausbildungsräumen und von Orten verlangt, wo man „anders etwas Anderes” lernen kann. Dies ist nicht mehr und nicht weniger, als sich eine andere Art Kultur auszudenken.
Dies ist nicht ganz einfach, vor allem, wenn diese kulturelle Notwendigkeit in der vollen Blütezeit der aktuellen Kultur auftaucht, und wenn außerdem diese Kultur sich festkrallt und überdies Auffassungs- und Handelnsarten und -weisen mit sich bringt, die den Wandel, den die technologische Revolution verlangt, behindern. Daher erscheint die politische Debatte völlig außer Phase ; sie klebt an Problematiken, von denen Jeder weiß, dass sie überholt sind, aber die man trotzdem in Betracht zieht.
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Inhaltsverzeichnis | |
3. Kapitel : Die Krise oder die lange Agonie des Taylorismus | |
5. Kapitel : Interpret und Akteur |
Les périphériques vous parlent, zuletzt bearbeitet am 3. Juli 03 von TMTM
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Frz. Wochenzeitung : « LE MAL FRANÇAIS »