MÄRZ 1995 S. 6-7 |
Vier Fragen über Generalstände für die Zukunft | |
Generalstände für die Zukunft | |
Generalstände für die Zukunft |
Objektiv Jugend : Die Entwicklung
Die Nr. 2 der Zeitschrift Les périphériques vous parlent stellt ein Projekt mit dem Titel „OBJEKTIV JUGEND” vor, das an erster Stelle vorschlägt, die Jugend nicht mehr „von Natur” (Alterskriterien), sondern „von Kultur” (die Entwicklung jedes Einzelnen) zu definieren.
Damit ruft „Objektiv Jugend” Jeden, gleich welchen Alters, dazu auf, „Bewegung zu machen”, für seine Entwicklung zu kämpfen. Diese Definition des Wortes „Entwicklung” bezieht sich auf die Qualität der Zukunft, die man sich geben will. Wir behaupten, dass die Entwicklung sich nur in der Gegenwart aufbauen kann, in einer Gegenwart, die sich eine Zukunft vorbehält. Morgen ist es zu spät, man ist an „seiner Jugend” vorbeigegangen, ohne in ihr zu leben.
Unter Berücksichtigung der Zusammenhänge, die die lange Krise erzeugt, die unsere Epoche durch und durch umwälzt, stellt „Objektiv Jugend” ihre Argumente vor. Die Analyse der Tatsachen, und vor allem die Abschätzung ihrer Auswirkungen für die Zukunft, verlangen eine gespannte Aufmerksamkeit. Wir leben jetzt nämlich in einem Wandel von Grund auf, in einem Phasenwechsel. Alle Vergleichsmöglichkeiten und Kriterien sind dadurch in Umwälzung begriffen, an erster Stelle die Methoden, zu sehen, zu denken, zu handeln, kurz gesagt : zu leben.
Von daher stellt sich der Versuch, zu verstehen, was eigentlich geschieht, als ein komplexes Unternehmen heraus. Dies anderen verständlich zu machen, noch mehr. Wenn wir hier das Wort „komplex” benutzen, behaupten wir damit nicht, dass die hier vorgebrachten Konzepte kompliziert sind, im Gegenteil, sie erweisen sich meistens erheblich besser dazu geeignet, den Wandel zu begleiten, als die sogenannten „einfachen” Argumente. Nein, die Schwierigkeit kommt daher, dass die Bedeutung der Wörter, die die Ideen ausdrücken, nicht mehr zu den Realitäten passt, die den Wandel ausmachen. Jede Analyse eines „Phasenwechsels” macht es notwendig, dass der, der argumentiert, während er sich ausdrückt, die Bezeichnungen, die er benutzt, eindeutig klarstellt und gemäß der Wandel der Epoche relativisiert.
Den Wandel zu verstehen verlangt es, den Worten, die ihn ausdrücken sollen, angemessene Formen und Inhalte zu geben, die allein die „neue” Wirklichkeit darstellen können. Dies ist eine Verpflichtung, die wir uns ständig auferlegt haben, um uns verständlich zu machen, und das ist keine kleine Angelegenheit. Es ist oft recht schwierig, Missverständnisse zu vermeiden.
Der Empfang, welcher „Objektiv Jugend” nach ihrem Erscheinen zuteil ward, die zahlreichen Antworten, die Anfragen, die Vorschläge aller Art, die wir täglich erhalten, die Studentendemonstrationen in vielen Ländern Europas, unter anderem in Frankreich, das Aufkommen einer Under Class, das sich durch einen ständigen Prozess von „Verunsicherung” von ganzen Schichten der Bevölkerung ernährt, all dies lässt uns neue Vorschläge um „Bewegung zu machen” notwendig erscheinen.
Eine Wirklichkeit hat sich uns sofort aufgedrängt : „Die Entwicklung”, sei es auch nur unter der banalen Form folgender Frage : Was wird aus uns werden ? Jeder spürt wohl, dass er keine Entwicklungsmöglichkeit mehr hat. Die Zukunft ist dadurch versperrt. Der Zusammenhalt der Gesellschaft ist dabei, sich tief zu zerreißen : auf einer Seite die, die glauben, noch eine Vorrangsstellung zu haben, auf der anderen das Lager derer, die feststellen müssen, dass sie überhaupt keine Zukunftsperspektive mehr haben, die ihrer Erwartungen würdig ist ; sie werden von Tag zu Tag mehr.
Im Lager der ersteren denken manche nur daran, ihre Privilegien zu behalten, und kümmern sich nur darum, auf ihrem Platz zu bleiben (auf ihrem Platz zu bleiben wird ihr einziges Lebensziel), während andere, pessimistischer, im Gegenteil sehr schlecht die Bedrohung ertragen, anlässlich „noch” einer Umstrukturierung ihres Unternehmens jeden Augenblick auf die Straße gesetzt zu werden.
Im Lager derer, die sich auf der Schwelle der Verunsicherung befinden oder die schon verunsichert sind, geben sich leider viele der Apathie, der Resignation hin und glauben dickköpfig wider besseres Wissen, dass wieder bessere Zeiten kommen werden.
Die Idee der Zukunft selbst stellt sich damit allmählich für alle als ein Luxus dar. Ein Gefühl von Ohnmacht überwälzt die Epoche. Die einzige Alternative ist „das Überleben” (das Warten), und dies verbietet jeden Wunsch, ein eigenes Leben zu haben. Das Unter-Leben macht sich breit. Die Under Class nimmt Form an.
Damit lässt die Gegenwart überall eine unerträgliche Schwarzseherei aufkommen und zwingt uns diese unsicheren Bedingungen auf, die alle Zukunftsperspektiven ersticken. Um hier Abhilfe zu schaffen, stellt sich mit aller Dringlichkeit die Frage der „Entwicklung”, denn sie allein könnte andere Alternativen anbieten.
Wir haben uns hier an die „KLAGEBLÄTTER” erinnert, welche den „GENERALSTÄNDEN” von Mai 1789 vorausgegangen sind. Nach Diskussionen, Austausch von Standpunkten, Beratungen, sind wir zu der Überzeugung gelangt, dass die Erarbeitung von „AKTEN FÜR DIE ZUKUNFT” durch alle, die nicht aufhören wollen, sich eine Zukunft zu geben (Einzelpersonen, Gruppen, Vereine, Studenten, Universitätsprofessoren, Schulen und Unternehmen), auf die demokratischste Art, die es gibt, die Elemente, die Mittel beitragen könnte, unter einer Form, über die noch zu entscheiden wäre, GENERALSTÄNDE FÜR DIE ZUKUNFT einzuberufen. Nach „Objektiv Jugend” schien es uns, dass dies das logischste Vorgehen wäre, „Bewegung zu machen”.
Anfang dieser Seite | |
Generalstände für die Zukunft |
Die Generalstände für die Zukunft
Erinnern wir uns einen Augenblick an die Generalstände. Der Ursprung der Generalstände ist sehr alt (sie sollen von den Curia regis ausgehen, und diese von den placita der Karolinger). Sie bestanden aus den drei Klassen (Klerus, Adel, Bürger). Vor der Revolution wurden Generalstände vom König einberufen, um über die wichtigen Staatsangelegenheiten zu verhandeln. Im Jahre 1788 führt die Einberufung der États Généraux (die sich im Jahre 1789 versammeln) zur Erstellung von KLAGEBLÄTTERN. Diese Schriften zeigen nicht nur die Ambitionen der Klassen und die Konflikte auf, die sie gegeneinander hegen, sondern setzen auch eine ganze Reihe neuer Widersprüche ins Licht. Diese Widersprüche treten bereits in der Eröffnungssitzung vom 2. Mai 1789 klar zu Tage. Die KLAGEBLÄTTER haben tatsächlich den Anstoß zu einer neuen Epoche gegeben, die alsbald mit der Revolution beginnen wird.
Unter Wahrung aller Proportionen kann die heutige Situation an die vorrevolutionäre Periode des Jahrzehnts 1780 erinnern. Die ewige Wirtschaftskrise, deren Ende niemand absieht und die jetzt auf den sozialen und kulturellen Bereich übergreift, eine beispiellose technisch-wissenschaftliche Revolution, die Vielzahl der „Affären”, der Niedergang der Klasse der Politiker, der Vertrauensschwund, dem die Parteien unterliegen, wirken zusammen, um die Widersprüche in politischen und sozial-kulturellen Rahmen zu blockieren, die überhaupt nicht mehr mit den Realitäten der Epoche im Einklang stehen.
Es tut Not, aus dem Rahmen zu treten, um einen etwas klareren Blick zu bekommen. All diese Gründe (von denen viele in „OBJEKTIV JUGEND” zu finden sind) haben uns dazu gedrängt, zu GENERALSTÄNDEN FÜR DIE ZUKUNFT aufzurufen.
Zunächst laden wir Einzelpersonen, Gruppen und Vereine ein, sich um dieses erste Objektiv, die Erarbeitung von „AKTEN FÜR DIE ZUKUNFT”, zu versammeln.
Wenn wir diese Problematiken in einer einzigen Frage konzentrieren müssten, könnten wir sie folgendermaßen formulieren : Welches sind die besten Bedingungen, um den freien Ausdruck der Individuen im Rahmen der Arbeit, des Sozialen und der Kultur zu erleichtern, indem man sehr wohl eine Welt in Rechnung nimmt, die durch den Gebrauch der fortgeschrittenen Technologien durch und durch in Umwälzung begriffen ist ?
Anfang dieser Seite | |
Generalstände für die Zukunft | |
Inhaltsverzeichnis | |
Vier Fragen über Generalstände für die Zukunft | |
Gegen die Verunsicherung Generalstände für die Zukunft |
Les périphériques vous parlent, zuletzt bearbeitet am 3. Juli 03 von TMTM
Powered by Debian GNU-Linux 2.4.18